23.4.10

Google Street View erfaßt private WLANs: ein Skandal?

Gestern erschien folgende Meldung auf heise.de:
Wieder Wirbel um Street View: Deutsche Datenschützer erheben weitere Vorwürfe gegen Google. Der Suchmaschinen-Riese registriere für das ohnehin schwer umstrittene Street-View-Projekt auch private Funknetze, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung des Hamburgischen Datenschutzbeauftragten Johannes Caspar und des Datenschutzbeauftragten des Bundes, Peter Schaar, vom heutigen Donnerstag. Die Datenschützer fordern den "sofortigen Ausbau der WLAN-Scanner aus Google-Street-View Fahrzeugen". Caspar hält die Erfassung für "rechtswidrig".
Viele Medien stießen in ihren Meldungen in ein ähnliches Horn. Besondere Aufregung gab es, weil diese Erfassung angeblich "heimlich" geschehen sei.

Interessanterweise vertrat ein Artikel von Konrad Lischka auf SpOn eine andere Ansicht. Zuerst einmal sei Googles Erfassung von WLANs gar nicht heimlich:
Dass Googles Street-View-Autos auch die Position von Mobilfunkmasten und W-Lan-Hotspots erfassen können, ist seit 2008 bekannt. Da konnte man das bereits in Blogs lesen und auf Flickr sehen.
Außerdem erwähnt Lischka ein Forschungsprojekt des Fraunhofer-Instituts, in dessen Rahmen 2008 ein 25km² großes Gebiet in Nürnberg auf WLANs untersucht wurde. Damals hat kein Datenschützer gegen diese Erfassung protestiert. Darüber hinaus ist seit 2008 in Deutschland (und anderen Ländern) die Firma Skyhook Wireless aktiv, erfaßt WLAN-Hotspots und Mobilfunk-Sendemasten und bietet diese Daten anderen Firmen an, damit diese darauf Positionsbestimmungen aufbauen können. Eine solche Positionsbestimmung ist z.B. im iPhone eingebaut. Auch gegen SkyHooks Tätigkeit hat meines Wissens nach niemals ein Datenschützer protestiert.

Google sammelt an Daten über WLANs lediglich MAC-Adresse, Position sowie den Namen (letzteren kann der Betreiber frei wählen). Die Namen veröffentlicht Google nicht, und MAC-Adresse und Position sind keine personenbezogenen Daten.

Ich halte die Kritik der Datenschützer an Google in diesem Fall für nicht gerechtfertigt. Ich habe den Eindruck, dass die "Verwerflichkeit" in diesem Fall vor allem daraus resultiert, dass Google die Daten sammelt (anders ausgedrückt: dass es sich um "Google-Bashing" handelt). Bei den oben erwähnten Projekten des Fraunhofer-Instituts sowie bei SkyHook hat niemals jemand protestiert. Insofern sehe ich hier keinen Grund zur Aufregung.

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24.2.10

Zur Datenschutz-Diskussion um Google StreetView

Seit einigen Tagen verfolge ich die Diskussion um Google StreetView, das Ende diesen Jahres auch Daten aus Deutschland enthalten soll. Zur Vorbereitung meines Dänemark-Urlaubs letzter Woche habe ich StreetView kennen- und schätzen gelernt.

Die Bundesministerinnen Ilse Aigner und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger haben nun ganz fürchterliche Bedenken gegen StreetView. So fordert etwa Aigner enge gesetzliche Grenzen für Google:
Darüber hinaus will Aigner strengere Regeln für die Verfremdung der Fotos, gegen die Widerspruch eingelegt wird. "Die betroffenen Gebäude dürfen nicht erkennbar sein, Hausnummern, Gesichter und Autos müssen vollständig unkenntlich gemacht werden ? eine vage Verpixelung reicht nicht aus." Zudem forderte die Ministerin, die maximale Aufnahmehöhe auf 1,80 Meter zu begrenzen. Derzeit ist die Kamera, die Google durch die Straßen fahren lässt, auf 2,50 Metern Höhe montiert. Damit ragt sie beispielsweise über Gartenzäune oder Mauern.
Dies wundert mich bei Frau Aigner, die ansonsten keine Bedenken etwa gegen die Vorratsdatenspeicherung hatte bzw. hat. Außerdem bin ich inzwischen zu einem ähnlichen Schluss gelangt wie ein Rechtsgutachten von Nikolaus Forgó, das Google in Auftrag gegeben hat:
IRI-Leiter Nikolaus Forgó vertrat bei der Vorstellung eines dabei entstandenen Rechtsgutachtens die Ansicht, dass es schon fraglich sei, ob bei dem Dienst "überhaupt personenbezogene Daten maschinell verarbeitet werden" und somit Eingriffe in das informationelle Selbstbestimmungsrecht mit anderen Grundrechten wie dem der Informationsfreiheit abgewogen werden müssten. Street View ist für ihn "keine Personensuche", da die aufgenommenen Leute zufällig im Bild seien. Auch die simple Hausfassade stellt nach Ansicht des Juristen kein personenbezogenes Datum dar, da keine "Einzelangabe" über einen Menschen damit gemacht werde. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sei daher auf den Dienst gar nicht anwendbar.
Genau das scheint mir der Knackpunkt zu sein. Google erfaßt ausschließlich den öffentlichen Raum. Personen, die zufällig in den Bereich der Kameras geraten, macht Google unkenntlich, Autokennzeichen ebenfalls. Für den Rest gilt: Häuser haben keine Persönlichkeitsrechte. Die Abbildung eines Hauses alleine hat keinen Personenbezug. Insofern ist die Einspruchsregelung von Google, dass Häuser auf Wunsch entfernt werden, ausreichend.

Insgesamt habe ich bei dem ganzen Theater eher den Eindruck, dass es sich um ein Ablekungsmanöver handelt.

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19.8.09

Die Kekse und die Piraten

Mein Kumpel Mario hat vor ein paar Wochen ein schönes Wort gebraucht: "Arschkeks". Und genau dieses Wort will ich nun verwenden. Denn es trifft meiner Ansicht nach als Beschreibung gut auf die meisten derzeitigen Politiker der etablierten Parteien zu, zumindest auf Bundes- und Landesebene (im kommunalen Bereich sieht es anders aus).

Bis vor ein paar Wochen hat es mich vor der Bundestagswahl gegraust. Von Merkel halte ich nicht viel; und beim Gedanken an Herrn Steinmeier wird mir regelrecht schlecht. Aus diesem Grunde ist für mich keiner der beiden wählbar. Die anderen derzeitigen Parteien im Bundestag scheiden ebenfalls aus, da se meiner Ansicht nach auch "verarschkekst" sind. Die aktuelle Affäre um Ulla Schmidt beweist, wie weit sich manche Politiker vom Volk entfernt haben. Bei gewissen Mitgliedern der Bundesregierung wünsche ich mir sogar, sie würde der Blitz beim Sch... treffen.

Dennoch gibt es Hoffnung, in Form einer Partei, die bei der Europawahl 0,9% geholt hat (woran ich nicht ganz unbeteiligt war :) ): Der Piratenpartei. Bei ihr geht es noch um Werte, vor allem um einen, der mir wichtig ist: die Freiheit und das damit eng verbundene Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Piratenpartei ist somit für mich wählbar. Arrr!

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22.7.09

Wider die Sachzwang-Logik

Anläßlich des 40jährigen Jubiläums der ersten Mondlandung kommen immer wieder kritische Stimmen zu Wort, die die bemannte Raumfahrt an sich in Frage stellen. Ein in diesem Zusammenhang immer wieder geäußertes Argument: wir hätten so viele Probleme auf der Erde, die müßten wir zuerst lösen.

Wolfgang Stieler hat im Technology Review-Blog eine gute Antwort auf solche Argumente gefunden (Hervorhebung von mir):
Ja ja, ich kenne das Argument. Niels Boeing hat es in seinem Blog-Eintrag Mission to Earth einmal mehr vorgebracht: Die Menschheit habe wahrhaftig genug Probleme auf der Erde zu lösen -- die Pläne für eine neue Mond-Mission seien somit eigentlich überflüssig wie ein Kropf.

Natürlich hat er recht: So lange in reichen Ländern wie den USA im Winter Menschen auf der Straße erfrieren, so lange täglich weltweit Kinder verhungern und die Führungselite dieser Welt Jahre braucht, um sich darauf zu einigen, die Realität des Klimawandels anzuerkennen, um dann fröhlich so weiter zu machen, wie bisher, bleibt wahrhaftig genug zu tun.

Aber die gnadenlose Ökonomie von Buchhalterseelen hat mir schon immer kalte Schauer den Rücken herunter gejagt, und dafür gesorgt, dass sich mir die Nackenhaare aufstellen. Ich habe Jahrzehnte meines Lebens damit verbracht, wider die Sachzwanglogik zu streiten, und werde nun nicht damit auhören. Denn die Lomborg-Logik, die auch hinter der Ablehnung bemannter Raumfahrt steckt, ist falsch. Wie viele Ressourcen die Menschheit in die Lösung welcher Probleme stecken will, ist letzendlich eine rein politische, und keine ökonomische Frage -- Geld ist vorhanden, man muss es sich nur nehmen.
Bjørn Lomborg steht in diesem Zusammenhang für jemand, der alles unter dem Aspekt der Ökonomie betrachtet. Natürlich kann man in der Politik die Wirtschaft nicht außer acht lassen - aber Ökonomie ist nicht alles, und vor allem ist sie nicht das allein selig machende.

Vor etwa zwei Jahren diskutierte ich einmal im Freundeskreis, ob die Wiedervereinigung Deutschlands mehr Vorteile oder mehr Nachteile gebracht hätte. Mein Gegenüber argumentierte vor allem ökonomisch: die neuen Bundesländer würden Geld kosten etc. Ich dagegen fand viele positive Aspekte der Wiedervereinigung. Ohne sie hätte ich einige Menschen, die mir was bedeuten, nie kennengelernt, ich hätte nie Städte wie Leipzig und Potsdam gesehen, oder die Sächsische Schweiz bewundert. Außerdem gäbe es ohne die Wiedervereinigung Bands wie In Extremo, Subway to Sally und auch - da werden sich jetzt ein paar Blogleser aufregen, aber egal :) - Rammstein nicht - alles Bands, die mir einmalige Konzerterlebnisse beschert haben. Am Rande dazu kommen noch Leckereien wie Halloren-Kugeln, Spreewaldgurken oder Köstritzer Bier, die ich ohne Wiedervereinigung nie kennengelernt hätte. All das sind Aspekte, die mit Wirtschaft nichts zu tun haben, die für mich aber trotzdem eine Art "Nutzen der Wiedervereinigung" darstellen. Dieses Beispiel zeigt meiner Ansicht nach gut auf, dass eine rein ökonomische Sicht der Welt zu kurz greift.

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24.4.09

Bundestag beschließt Sperren gegen Kinderpornographie


Am 22. April hat der Bundestag ein Gesetz auf den Weg gebracht, durch das beim BKA eine Sperrliste eingerichtet werden soll. Auf dieser Sperrliste sollen Webadressen stehen, unter denen man Kinderpornographie (KiPo) herunterladen kann. Alle in der Sperrliste genannten Seiten sollen in Deutschland nicht verfügbar sein. Die Sperrliste selbst ist geheim.

So löblich der Kampf gegen KiPo ist - gegen dieses Gesetz gibt es eine Menge Einwände. Eine gute Zusammenfassung finden sich bei Sven und Martin.

Meine Meinung: das Gesetz ist nichts anderes als der Einstieg in die Internet-Zensur, oder anders formuliert: wir nähern uns China an. Interessant finde ich, dass das Gesetz im Wirtschaftsministerium ausgearbeitet wurde, ein Ministerium, das mit KiPo ansonsten nichts zu tun hat. Dadurch zeigt sich meiner Ansicht nach die wahre Zielrichtung des Gesetzes: es sollen "böse" Downloadseiten gesperrt werden, die der Film- und der Musikindustrie ein Dorn im Auge sind. Denn die Sperrliste ist geheim, somit kann niemand kontrollieren, ob wirklich nur KiPo-Seiten aufgeführt sind. Für das vorgegebene Ziel (Kampf gegen KiPo) sind die Maßnahmen völlig ungeeignet; die Sperren kann man einfach umgehen.

Zum Ganzen noch ein schöner Kommentar "Lügen und Kinderpornographie" von Twister auf Telepolis.

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14.7.08

Silence! I kill you!

Warnung: das folgende Video macht sich über eine Minderheit (islamistische Terroristen) lustig und ist aus diesem Grunde massiv diskriminierend und politisch unkorrekt *ggg*



Nachtrag: noch besser: Jingle Bombs. Das Video setzt aber meines Erachtens teilweise die Kenntnis des ersten voraus:

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8.7.08

Erwerbstätigkeit mit Druck einfordern?

Der Berliner SPD-Politiker Heinz Buschkowsky, Bezirksbürgermeister von Neukölln, hat in einem Tagesspiegel-Interview unglaubliche Forderungen erhoben, etwa die Einführung einer Schulpolizei sowie Aufhebung des Datenschutzes sowie Zwang zur Erwerbsarbeit für Jugendliche mit Migrationshintergrund.

Nach dem Lesen des Interviews war ich zunächst fassungslos. Bei einigen Punkten habe ich mich gefragt, wo denn der Unterschied zur NPD ist.

Ich bin gewiss kein Fan davon, soziale Probleme zu verklären, außerdem habe ich bereits in diesem Weblog auch Jugendliche mit Migrationshintergrund kritisiert. Aber mit reiner Repression, wie sie Herr Buschkowsky fordert, werden soziale Probleme nur noch schlimmer. Sein Weg scheint mir geradewegs zur Mega City One aus den Judge-Dredd-Comics zu führen. Der Pädagogik-Professor Freerk Huisken fand in einem Interview auf Telepolis in den meisten Punkten die passende Antwort:
Buschkowsky will sie von der Straße haben, und deswegen kann ein Sozialdemokrat seines Schlages heute auch kein Verständnis dafür aufbringen, dass Jugendliche vielleicht nicht so scharf auf "Jobs" sind, von deren Entgelt man nicht leben kann, die als Arbeit unzumutbar sind und in denen sie ? besonders als "migrantische" Jugendliche ? Schikanen ausgesetzt sind, die über das normale Maß der Schikaniererei einheimischer Lohnarbeiter hinausgehen.
[...]
Was der Herr Sozialdemokrat als Probleme auflistet, das sind allemal nicht diejenigen, die die jugendlichen oder erwachsenen Angehörigen des hiesigen Prekariats haben, sondern solche Probleme, die sie der staatlichen Aufsicht machen! Wenn er "Probleme ernst nimmt", wie es im Interview heißt, dann allein seine eigenen. Wenn Jugendliche irgendwann anfangen, die Schule zu schwänzen, da ihre Chancen, wenigstens einen Zipfel von geordnetem Leben nebst gesichertem Lebensunterhalt zu erwischen, ohnehin gegen Null abgesunken sind, dann nur, weil sie wissen, dass Schule ihnen keinerlei "Perspektive" bietet. Dann erfinden sie sich ihre "Perspektive" auf der Straße. Wo auch sonst. Das stört die Ordnung der Buschkowskys!

Ich gehe sogar noch weiter und meine, wenn jugendliche "Schulvermeider" nach zehn Jahren Staatsschule nicht gescheit lesen, schreiben und rechnen können, dann liegt das sicher nicht an den versäumten Stunden, sondern vielmehr an denen, die sie nicht versäumt haben: Als Migranten ohne Sprachförderung vom schulischen Mitkommen ausgeschlossen, von Mitschülern aus gepflegtem Elternhaus von vornherein im Leistungsvergleich abgehängt und dann noch von der Lehrerschaft in die Restschule abgeschoben ? so produziert das hiesige Schulsystem mit Fleiß Analphabeten. Das stört ? auf Ämtern und die Dienstherren.
[...]
Wenn nun Buschkowsky die Kids mit der Schulpolizei in die Schule karren will, dann "qualifiziert" sie das ungeheuer. Da lernen sie einiges fürs Leben. Z.B.: In die Schule muss man, weil die Schulpflicht keine Ausnahmen zulässt. Auch wenn die Lehrerschaft über Schüler längst das Versagerurteil gesprochen hat, und der Schulbesuch damit ziemlich sinnlos wird. Sie lernen auch: Hierzulande regiert die Gewalt, von der man sich nicht erwischen lassen darf, wenn man es schon nicht schafft, stärker zu sein. Und sie lernen: Ihr "Leben" findet nur außerhalb von Schule und Polizeiaufsicht statt.

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9.5.08

Neuseeland kauft Eisenbahn wieder zurück

In den Siebziger und Achtziger Jahren des vorherigen Jahrhunderts wurde es überall gepredigt: Staatsbesitz sei von Übel, alles müsse privatisiert werden, am besten sofort. Vor allem die Verfechter des Neoliberalismus wurden nicht müde, dieses ihr Credo überall herunterzubeten. Viele Regierungen erhörten diese "Gebete" und begannen, Staatsbetriebe zu privatisieren.

Einer der Vorreiter in dieser Hinsicht war Neuseeland. Hier wurde u.a. 1993 die ehemals staatliche Eisenbahngesellschaft an private Firmen veräußert. Doch offensichtlich lief es nicht so gut, so dass der Staat Neuseeland diese Woche die Eisenbahn wieder zurückkaufte.

Langsam beginnt sich also die Erkenntnis durchzusetzen, dass Privatisierung kein Allheilmittel ist. Gerade Infrastruktur, die Allgemeingut ist, sollte im Besitz der Allgemeinheit bleiben. Meine Meinung von früher, dass man Teile der Bahn privatisieren sollte, muss ich angesichts der neuseeländischen Erfahrungen revidieren: eine völlige Privatisierung der Eisenbahn halte ich nicht mehr für richtig.

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26.4.08

Braunkohleindustrie und die Folgekosten

Derzeit wird an einigen Orten wieder über die Errichtung neuer Kohlekraftwerke nachgedacht. etwa in der Ingelheimer Aue bei Mainz (allerdings hat der Mainzer Stadtrat das Kohlekraftwerk abgelehnt). Befürworter solcher Kohlekraftwerksprojekte führen als Argument gerne an, dass Kohle recht preiswert wäre (u.a. weil sie aus Deutschland selbst komme).

Diesem Telepolis-Artikel zufolge sind die Kosten aber u.a. deshalb so günstig, weil die Folgekosten des Tagebaus von der Allgemeinheit getragen werden. Mit anderen Worten: eigentlich müßten (laut dem Artikel) die Kosten der Kohle höher sein.

Ich bin mir sicher, dass dieser Aspekt bei der Bewertung potenzieller Kohlekraftwerksstandorte oftmals vergessen wird.

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25.2.08

Schwarz-Grün in Hamburg?

In den Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts hatte sich in der (alten) Bundesrepublik ein Drei-Parteien-System etabliert, bestehend aus CDU, SPD und FDP. In diesem System spielte die FDP meistens das "Zünglein an der Waage", und entschied, welche der beiden anderen Parteien an die Macht kam. Im Prinzip war das todlangweilig.

Mit Gründung der Grünen (1979) begann sich dieses Schema zu ändern. Die Grünen etablierten sich auf Dauer als vierte Kraft. Anfangs gab es bei ihnen viele Auseinandersetzungen zwischen "Realos" und "Fundis", so dass sie im Prinzip nicht regierungsfähig waren. 1985 etablierte sich dann die erste rot-grüne Koalition in Hessen unter Holger Börner und Joschka Fischer; viele andere in anderen Bundesländern. Joschka Fischer war es auch, der die erste rot-grüne Koalition auf Bundesebene anführte (wobei diese Koalition bei mir gemischte Gefühle hinterlassen hat - Stichwort Hartz IV). In den Neunzigern bildeten sich dann zwei "Koalitionsblöcke" heraus: Rot-Grün auf der einen und Schwarz-Gelb auf der anderen Seite. Solche starren Blöcke sind europaweit unüblich; in den skandinavischen Ländern etwa gibt es sie nicht.

Durch die Wiedervereinigung kam eine fünfte Partei hinzu: die PDS, heute Teil der Linken. Nach einigen Wahlerfolgen dieser Partei - zuletzt auch in westlichen Bundesländern - kam es dazu, dass weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün eine Mehrheit hatten. Dies führte auf Bundesebene zur Notlösung der heutigen Großen Koalition. Mit der Linken möchte keiner koalieren - Ausnahme Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.

Nun ist - nach Hessen - auch in Hamburg der Fall aufgetreten, dass weder der eine "klassische" Block noch der andere eine Mehrheit hat. In Hamburg zeichnet sich jedoch eine neue Option ab, die bisher nur in einigen Großstädten ausprobiert wurde: eine Koalition aus CDU und Grünen.

Meine "Herzenskoalition" wäre das bestimmt nicht, aber gesamtpolitisch würde ich es begrüßen. Denn dadurch wären die starren Blöcke endlich ein wenig aufgeweicht, und man müßte nicht immer "groß koalieren". Die Differenzen zwischen CDU und Grünen sind an der Elbe wesentlich geringer als anderswo.

Andererseits wäre Rot-Rot-Grün auch drin, aber da ziert sich die SPD derzeit, wobei ich mich frage, warum.

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11.12.07

Morrissey und die Popjournalisten

Heute fand ich auf Telepolis einen Artikel über eine Äußerung des Rocksängers Morrissey, der mit einer aus dem Zusammenhang gerissenen Äußerung angeeckt ist. Aufgrund einiger aus dem Kontext gerissener Äußerungen wurde ihm Rassismus unterstellt, aber in Wahrheit war dem nicht so. Der Artikel kommt zum Fazit:
Wie auch immer die Vorgänge abgelaufen sind. Sicher ist, dass das, was der Sänger geäußert hat, weit weniger anstößig ist, als das Magazin uns glauben machen will. Bei Lichte besehen ist sein Kommentar zur Lage auf der Insel ziemlich harmlos. Von ihm hätte man im Prinzip Schärferes und Pikanteres erwartet.[...]Wer den Verlust des je Eigenen (was immer das auch ist) betrauert, die eigene Flagge schwenkt, sich mit nationalen Symbolen drapiert oder auf sein Land und seine Eigenwilligkeiten stolz ist, ist noch lange keine Rechtsradikaler, Rassist oder Fremdenfeind. Wäre das so, wäre das ganze Genre des "Britpop" oder "Krautrock" Rassismus verdächtig. Jedes Dafür- oder Fürsichsein, jede Differenzsetzung setzt Abgrenzung voraus. Merkwürdigerweise erlaubt man andersfarbigen Zeitgenossen das, weißen Zeitgenossen hingegen nicht. Ihnen spricht man vielmehr das Recht ab, das Eigene, die Kultur, den Lebensstil, die Tradition oder was auch immer zu loben oder zu betonen. Wenn man so will, handelt es sich hier um eine besondere Art von Selbst- oder Eigenhass, der, wie Nietzsche sagen würde, in Selbstverkleinerung endet.
Ob die von Morrissey beklagte "Überfremdung" in Teilen Großbritanniens wirklich eingetreten ist, sei dahingestellt. Aber ich stimme damit überein: Wer auf sein Land stolz ist, muss noch lange kein Rassist oder Rechtsradikaler sein, und leidet nicht zwangsläufig unter Xenophobie. Gerade wenn man Rassismus etc. ernsthaft bekämpfen will, ist es wichtig, bei jedem gefundenen "Stück Rassismus" sorgfältig und kritisch zu prüfen, ob ein solcher wirklich vorliegt, bevor man eine falsche Anschuldigung in die Welt setzt. Das ist übrigens kein rein britisches Phänomen. Auch in Deutschland gab es ähnliche Kontroversen, z.B. um Rammstein; und auch hier waren die Vorwürfe letzten Endes falsch.

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18.7.07

Ein Grundgesetz für Schäuble

Nachdem ich seit gestern wieder aus Island zurück bin, möchte ich, bevor hier die Mega-Reiseberichte beginnen, erst einmal meine Unterstützung bekunden für Svens Aktion "Ein Grundgesetz für Schäuble":
Karan weist drauf hin, dass es das Grundgesetz in gedruckter Form umsonst beim Bundestag zu bestellen gibt, sogar das Porto wird bezahlt, und ruft dazu auf, sich noch rechtzeitig ein Exemplar zu sichern, bevor es es so* nicht mehr gibt. Ich hab da jetzt mal drei Exemplare (die maximale Bestellmenge) bestellt, ich weiß nicht, ob die da genauer Buch führen, aber ich fände es witzig, wenn dort jemand bemerken würde, dass in Zeiten eines (laut Herrn Struck) ?dem Anschein nach Amok laufenden? oder so ähnlich Innenminister (wobei, ich werde nicht müde, das zu betonen, das nicht dieser alleine ist!) plötzlich die Nachfrage sprunghaft ansteigt. Aber freilich ist das nur die Voraussetzung - denn wenn die Büchlein erstmal da sind stellt sich die Frage, was man damit sinnvolles anfangen kann?

Holt euch also hier schnell noch ein Grundgesetz in der aktuellen Fassung, solange es noch gilt. Und vor allem: die gedruckte Fassung!
Ich erwäge, meine Grundgesetze nicht nur Herrn Schäuble, sondern auch meiner Bundestagsabgeordneten, der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, sowie der Bundeskanzlerin zukommen zu lassen.

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