26.7.06

Der Fall "Esra" geht uns alle an

Im Juni 2005 wurde der Roman "Esra" von Maxim Biller durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes endgültig verboten. Grund war eine Klage der ehemaligen Lebensgefährtin Billers, die durch gewisse Passagen des Romans ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sah, da teilweise sehr intime Details wiedergegeben worden waren. Als Konsequenz daraus wurde "Esra" aus allen Buchhandlungen und Bibliotheken entfernt.

Das ist für einen Autor bereits schlimm genug. Aber nun kommt es noch dicker: Billers Ex-Lebensgefährtin hat eine zivilrechtliche Schadenersatzklage eingereicht, mit einer exorbitanten Summe. Laut einer Meldung der FAZ ist von 100.000 ? die Rede.

Ich kenne "Esra" nicht, habe das Buch nie gelesen. Ich kann rein menschlich auch verstehen, dass man nicht will, dass Details aus dem Intimleben bekannt werden. Aber trotzdem hoffe ich, dass die Klage nicht durchkommt. Ein Sieg der Klägerin hätte weitreichende Folgen für jeden Romanautor:
?Es wäre der Ruin der Literatur, es wäre der Bankrott der Kunstfreiheit, wenn künftig jeder, der sich in einem Werk der Fiktion wiederzuerkennen glaubte, auf Schadenersatz klagte. Statt Lektoren wären Anwälte die ersten Gegenleser, statt um Qualität ginge es nur noch um Unangreifbarkeit. Wer ein Buch veröffentlichte, riskierte den Ruin.?
(Quelle: FAZ). Eine andere Konsequenz wäre, dass jeder Autor vor seinen Roman groteske Disclaimer setzen müßte alla: "Die Handlung dieses Romans ist frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen und/oder Ereignissen wäre rein zufällig." Satirische Seitenhiebe wie das "Büchernörgele" in Michael Endes Roman "Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch" wären höchstens bei Personen der Zeitgeschichte machbar.

Laut Literaturwelt-Blog hat die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung einen Aufruf publiziert, den bereits über hundert Künstler unterzeichnet haben. Ich kann jedem Künstler nur empfehlen, den Aufruf mit zu unterzeichnen. Leider ist kein Link bekannt, der zu dem Aufruf führt.

25.7.06

Dies ist kein Katzencontent



Hundemüde im wahrsten Sinne des Wortes (von der Hitze und der Schwüle) war heute abend Sheila, eine junge Hundedame, die bei N. zur Pflege war. Während sie schlafend auf ihrer Decke lag, lief nur einen Meter neben ihr im Fernsehen "End of an Era" von Nightwish (DVD). Sheila ließ sich trotzdem nicht aufwecken. Sie hatte wirklich die Ruhe weg.

Später legte sie sich noch auf meinen linken Fuß und schlief genauso weiter. Ein schöner Tag! Es kommt (leider) selten vor, dass mir eine junge Frau zu Füßen liegt. :-)

Übrigens eine Premiere: zum ersten Mal gibt es in diesem Weblog Hundecontent.

23.7.06

Bad Nauheim und Privatisierung

Gestern war ich im Rahmen eines Verwandtenbesuches u.a. in Bad Nauheim. Dabei besichtigen wir den Sprudelhof, der 1905 im Jugendstil erbaut wurde; dabei wirkten auch einige Künstler mit, die ich von der Mathildenhöhe her kannte. Wir hatten eine sachkundige Fremdenführerin, daher bekamen wir viele Informationen.

An einer Stelle der Führung fiel mir ein Blogeintrag von Sven ein, der u.a. den Rückzug des Staates in vielen Bereichen thematisiert. Oftmals wird ehemaliges staatliches Engagement durch private Initiativen (z.B. Vereine) thematisiert? Was hat das mit Bad Nauheim zu tun? In Bad Nauheim wurde das ehemals staatliche Kurbad privatisiert. Als Bad im eigentlichen Sinne ist im wesentlichen Bad 3 in Betrieb. In Bad 2 z.B. ist eine wunderschöne Kleinkunstbühne untergebracht - wäre theoretisch eine wunderbare Auftrittsmöglichkeit für gute Freunde von mir (Blick geht kurz gen Würzburg und Geslau). Die Fremdenführungen werden von einem privaten Verein veranstaltet, der sich die Pflege und den Erhalt des Jugendstilbads zum Ziel gesetzt hat.

Ein Rückblick: in den Achtziger Jahren wurde festgestellt, dass in Deutschland sehr vieles staatlich geregelt ist, und die staatliche Verwaltung nicht immer effizient arbeitet. Seitdem wurde begonnen, vieles zu privatisieren. Begonnen wurde bei Post und Bahn, aber es setzte sich in vielen anderen Bereichen fort. Inzwischen habe ich - und nicht nur ich, nebenbei bemerkt - den Eindruck, dass teilweise ein regelrechter Privatisierungswahn herrscht. Teilweise erfolgt die Privatisierung nicht aufgrund sachlicher Überlegungen, sondern aus ideologischen Gründen.

Ich bin weder für noch gegen eine Privatisierung staatlicher Bereiche. In einigen Bereichen hatte die Privatisierung mehr Vor- als Nachteile, etwa im Bereich Telefon und Post. Bei der Bahn sehe ich die Privatisierung gemischt: Das Schienennetz selber ist wichtiger Teil des Verkehrsnetzes und sollte daher meiner Ansicht nach nicht privatisiert werden; der Rest der Bahn dagegen kann ruhig in private Hände übergeben werden. Bei Privatisierungen ist immer im Einzelfall zu prüfen, ob es Sinn macht. Das Privatisieren eines Monopolbetriebs etwa läuft auf eine "Lizenz zum Gelddrucken" (Helmut Klett von der lokalen Wählervereinigung UWIGA) hinaus. Bei sensiblen Bereichen - etwa der Wasserversorgung - ist eine Privatisierung nicht angebracht. Ausserdem sollte man prüfen, ob es neben der Privatisierung auch andere Möglichkeiten gibt. Z.B. die Übergabe an einen Verein oder an eine Körperschaft öffentlichen Rechts.

Auf jeden Fall bin ich sowohl gegen das ideologische "Alles muss profitabel werden, also lasst uns alles privatisieren" (das funktioniert nämlich in vielen Bereichen nicht) als auch gegen das "auf keinen Fall privatisieren" (was letzten Endes genauso ideologisch ist). Aber leider können in der heutigen Zeit nur wenige Menschen differenzieren. Viele neigen dazu, ein sog. "Patentrezept" überall anwenden zu wollen, egal ob es passt oder nicht.

21.7.06

Der Hungerkünstler und der Kommerz-Vorwurf


Bereits mehrmals habe ich in diesem Weblog über den elenden "Kommeeeerz!"-Vorwurf geklagt, der immer wieder erhoben wird, sobald ein Künstler (endlich) erfolgreich ist. Karan hat ihn gefunden: Die Ursache liegt in dem in Deutschland immer noch gepredigten Idealbild des "Hungerkünstlers":
Der arme Poet ist sozusagen der Sündenbock für den Spießbürger, der sich mit Idealen eben gar nicht erst abgibt, lieber dem armen Künstler einen Brosamen hinwirft anstatt ihm ein ordentliches Honorar zu zahlen, und ihn dafür als Stellvertreter benutzt, der für ihn denkt, schreibt, singt, tanzt, malt und spielt.
Mit dem erfolgreichen Künstler kann der Spießbürger das nicht mehr machen, darum wird der eben gleich als "verflacht" oder "vom Geld verdorben" abgelehnt.
Andererseits werden die Werke des erfolgreichen Künstlers irgendwie doch gekauft, sonst wäre er ja nicht erfolgreich.

Der Künstler als Stellvertreter - teilweise geht das noch weiter. Mir fällt gerade auf, dass in den Medien immer wieder berichtet wird über angebliche (oder echte - das aber seltener) sexuelle Exzesse bzw. Drogenexzesse von Musikern und Schauspielern. Ich vermute, dass diese Berichte deswegen so erfolgreich sind, weil der Spießbürger die Künstler um die (vermutete) Freiheit beneidet. Der Musiker oder Schauspieler lebt also (angeblich) das aus, was der Spießbürger gerne tun würde, sich aber nicht traut. Man könnte also Karans Gedanken um eine bösartige weitere Dimension ergänzen: "Der Spießbürger benutzt den Künstler als Stellvertreter, der für ihn fickt und Drogen einwirft." Im krassen Gegensatz dazu stehen übrigens die meisten Boygroups, die oftmals als moralische Supersaubermänner dargestellt werden: kein Alkohol, keine Drogen, kein Sex, nur Milch trinken. Auch hier liegt eine Stellvertreterfunktion vor: Der Künstler, der stellvertretend für den Spießbürger ein "reines" Leben lebt - womit wir wieder bei Karans Originalgedanken wären.
Die Herausforderung läge darin, der Kunst und ihren Ausdrucksformen einen Wert beizumessen, der sich auch (!) in finanzieller Hinsicht niederschlägt, und gleichzeitig die Fallen marktwirtschaftlicher Beurteilung und (spieß-)bürgerlicher Verurteilung zu vermeiden.
Eine Kulturgesellschaft stellt sich dieser Aufgabe und bewältigt sie so gut wie möglich. Eine Merkantilgesellschaft bedient sich bestenfalls des Vorwandes, eine Kulturgesellschaft zu sein und handelt nach den Regeln der Wirtschaft, womit die Kunst endgültig zur Ware, der Künstler zum Industriearbeiter oder zum Hungerkünstler wird.
Wie man das erreichen kann, ist mir unklar. ich müßte mal die Geschichte bemühen, ob irgendeine Kultur der Vergangenheit das geschafft hat.
Die erste Mondlandung



Heute vor 37 Jahren betraten die ersten Menschen unseren Erdmond. Da wird es Zeit, erneut die NASA-Gallerie zu diesem historischen Ereignis zu verlinken.

Das eingeblendete Bild wurde übrigens während der Mondumkreisung von Apollo 11 geschossen, vor der Mondlandung. Es wurde inzwischen weltberühmt, u.a. als Cover der Wolfsheim-CD "Spectators".
Wow - ich bin Leonardo


You are Leonardo Da Vinci.





You are artistic, and incredibly intelligent. You look at the world in a different way than most people, and you are very imaginative. Things that seem impossible to most people are easy for you.




Take this quiz at QuizGalaxy.com


OK, ich bin nur Leonardo, was dieses Quiz betrifft. Ansonsten würde ich mir diesen riesigen Schuh nicht anziehen.

20.7.06

Unglaublich!

Die neuesten Vorstellungen des Herrn Schäuble: ALG II-Empfänger sollen keine ausländischen Ehepartner mehr nach Deutschland holen dürfen, und ausländische ALG II-Empfänger sollen das Land verlassen müssen. Sven regt sich zu Recht darüber auf; ich auch. Ich kann gar nicht soviel essen, wie ich kotzen möchte.

Andererseits ist zumindest die geplante Vorschrift beim Nachzug ausländischer Ehepartner meiner Ansicht nach verfassungswidrig. Sollte das jemals in Kraft treten, genügt eine Verfassungsklage, und die Vorschrift wird eingestampft.

16.7.06

18. DarkDance-Treffen in Lahr

Nach einer langen Anfahrt - mit teilweise versagender Klimaanlage :-( - kam ich gestern um halb acht glücklich in Lahr an, zum 18. DarkDance-Treffen im Universal D.O.G.. Neben den üblichen vier Dancefloors war ein riesiges Konzertprogramm angekündigt: sieben (!) Bands sollten auftreten, darunter Das Ich, die ich bereits mehrmals gesehen hatte. Wie im letzten Jahr, war auch wieder der zum D.O.G. gehörende Biergarten geöffnet. Das erwies sich als sehr segensreich; bei dem heißen Wetter wäre ich in der Halle sonst gestorben! Im Biergarten gab es neben Verkaufsständen (z.B. Rota Temporis) noch einen Essen- und zwei Getränkestände.

Hier meine Eindrücke:


  • Der Biergarten ist ein echter Pluspunkt. Die Getränkeversorung klappte hervorragend. Beim Essen gab es leider Wartezeiten, weil der Andrang größer war als erwartet.


  • Die Outfits der Besucher war extremer als beim DarkDance-Termin im Juli 2005. Leider waren einige der Outfits aus meiner Sicht für das DarkDance unpassend (z.B. durch die Verwendung schreiender Neonfarben), so dass der Eindruck eines Karnevals entstand. Wenn es wenigstens schön aussehen würde, dann wäre es OK. Aber in einigen Fällen haben die Leute viel Zeit (und vermutlich auch Geld) investiert, nur um Kleidungsstücke von ausgesuchter Scheußlichkeit anzuziehen. Teilweise bestand das Outfit auch aus Teilen, die für sich selbst OK wären, aber nicht zueinander passten.


  • Das Ich haben mir sehr gefallen. Stefan Ackermann fiel wieder auf durch extreme Gestik und Mimik.


  • Der Mittelalter-Dancefloor außen war sehr gut und sollte beibehalten werden, notfalls auch im Winter im Inneren.


  • Last not least: das Feuerwerk war das beste, das ich bisher auf dem DarkDance-Festival erlebt habe. Sehr beeindruckend!



Insgesamt war ein schönes Event. Mein Dank an Andi Köhl (den Veranstalter) und sein Team, die unter enormen Mühen wieder einmal ein tolles Festival auf die Beine gestellt haben.

15.7.06

Tropische Hitze in Mitteleuropa

Bei Hitze ist meine Meinung zweigeteilt. Trockene Hitze vertrage ich ganz gut. Wenn die Luft aber schwül ist, wie etwa gestern, das vertrage ich überhaupt nicht. Derzeit ist es so, dass ich nachts alle Rolläden hochmache und, soweit wie möglich, alle Fenster aufreiße. Sobald die Sonne aufgeht, mache ich die Läden runter. Normalerweise ist es genau andersrum.

Heute droht wieder ein heißer Tag zu werden. Heute morgen um halb zehn, als ich im Fitness-Studio war, war es schon sehr warm, aber es ging noch. Derzeit ist es schon fast unerträglich. Zum Glück habe ich meine Klimaanlage reparieren lassen, sonst würde ich heute auf der Fahrt nach Lahr zum DarkDance sterben.

14.7.06

Kafka im Alltag

Manche Situationen im Alltag sind sehr surreal, geradezu kafkaesk. Hier zwei Beispiele von heute.

Lawblog: RA Udo Vetter bekommt einen Anruf, ohne Nummernanzeige im Display. Nachdem er sich mit seinem Namen gemeldet hat, ergibt sich folgender Dialog:
“Hallo? Was kann ich für Sie tun?”

“Ich wollte hören, wer Sie sind. Die Nummer in meinem Handy. Sie haben mich angerufen.”

“Schon möglich. Wenn Sie mir sagen, wer Sie sind, kommen wir vielleicht weiter.”

“Nö, lieber nicht.”

“Okay, dann eben nicht.”

Aber da hat er schon aufgelegt.
Wohl ein Fall von krasser Anwaltsphobie. Ich hätte nachgefragt, alleine aus reiner Neugier. Selbst wenn der Anwalt was negatives von mir wollte, ist es allemal besser, informiert zu sein, um ggf. etwas dagegen tun zu können.

Der zweite Fall ist fast schon Monty-Python-reif. Aus dem Shopblogger:
Ein Kunde traf im Laden auf eine Bekannte, begrüßte sie winkend und stellte ihr die obligatorische Frage: "Kaufst du gerade ein?"
Ein Kommentator schlug als Antwort vor:
Nein, ich gehe nur mit der Butter Gassi
Mein Vorschlag wäre: "Nein, ich trainiere für die Weltmeisterschaft im Einkaufswagenbefüllen."

Ich korrigiere mich: das ist krasser als Kafka.

13.7.06

Das Olberssche Paradoxon und die Kosmologie

Dieser lesenswerte Artikel auf Telepolis erinnert erneut an den Anfang der modernen Kosmologie. Dieser Anfang begann ganz unspektakulär, mit einer simplen Beobachtung, die im Prinzip jeder Mensch durchführen kann: ohne Satelliten, ohne Teleskope und ohne sonstige technische Hilfsmittel. Die Beobachtung ist ganz simpel: Es ist nachts dunkel, selbst wenn die Sterne scheinen. Daraus folgt, dass das Universum nicht sowohl unendlich gross als auch unendlich alt sein kann.

Erstmals formuliert hat dies der Bremer Augenarzt und Astronom Heinrich Wilhelm Olbers (1758-1840) im Jahre 1826 in einem Aufsatz. Daher nennt man das Phänomen auch das Olberssche Paradoxon.

Einen möglichen Ausweg aus dem Olbersschen Paradoxon bietet die Urknall-Theorie. Nach ihr hat das Universum einen zeitlichen Anfang, ist also nicht unendlich alt. Bei der genauen Ausprägung des Phänomens sind sich die Kosmologen aber derzeit nicht einig, insbesondere nicht seit der Entdeckung der dunklen Energie, über die derzeit nur spekuliert werden kann.

12.7.06

Dauerbrenner Ladenschluß

Nach Abschluß der Föderalismus-Reform wird die Zuständigkeit für den Ladenschluß bei den Ländern liegen. Einige der Länder planen, dies gleich auszunutzen, unter anderem Hessen. In Hessen soll der Ladenschluß von Montag bis Samstag komplett freigegeben werden; Sonn- und Feiertage bleiben geschützt. Prompt haben Teile der Opposition sowie der Gewerkschaften Bedenken angemeldet.

Ich kann mich noch gut an die massiven Debatten in den Achtziger Jahren des vorherigen Jahrhunderts erinnern. Damals wohnte ich im Großraum Stuttgart. Dort gab es als Besonderheit am Bahnhof die Klett-Passage. In der Passage durften Läden unter der Woche bis 22 Uhr geöffnet bleiben. Das war in jener Zeit, als der Ladenschluss auf 18:30 lag, eine Sensation. Die Verbraucher strömten in Massen in die Klett-Passage, was beweist, dass es einen Bedarf an längeren Ladenöffnungszeiten gab. Beinahe wäre die Passage durch eine Klage von konkurrierenden Geschäften aus der Nachbarschaft, die um halb sieben schließen mussten, gestoppt worden, aber in letzter Minute half eine trickreiche Gesetzesänderung, die für unterirdische Passagen an Verkehrsknotenpunkten Ausnahmen zuließ.

Ich selbst litt zu Beginn meiner Berufstätigkeit unter der Hektik nach Feierabend: schnell, schnell einkaufen, bevor die Läden zumachen. Ich musste oft überlegen, ob ich in den Laden X oder den Laden Y fahre; beides ging bis 18:30 Uhr nicht mehr. Das hat mich massiv genervt. Nach und nach gab es Besserung: erst nur donnerstags bis 20:30 Uhr, dann montags bis samstags bis 20 Uhr. Letzteres hat dazu geführt, dass ich nach Feierabend.entspannt einkaufen kann, ohne mich stressen zu müssen. Bei jedem neuen Gesetz gab es übrigens ein kollektives Aufjaulen der jeweiligen Einzelhandelsgewerkschaften, was aus Sicht der Beschäftigten verständlich sein mag, aber aus meiner Sicht als Verbraucher nicht.

Was einige der Ladenschlußbefürworter immer noch nicht verstanden haben, ist, dass Ladenöffnungszeiten ein KANN sind und kein Muss. Bereits heute haben sich die Geschäfte in der Darmstädter Innenstadt auf 9 bis 19 Uhr geeignet, sprich: die theoretisch möglichen Öffnungszeiten werden nicht ausgeschöpft. Nach einer Freigabe der Ladenöffnungszeiten rechne ich von daher nicht mit großen Änderungen, im Gegensatz zu früher. Insofern empfehle ich den Aufjaulern, mal ein bisschen Ruhe zu bewahren (wobei ich einräumen muss, dass bei der Änderung von 18:30 auf 20 Uhr das Jaulen am stärksten war; heute hält es sich in Grenzen).

9.7.06

Persönliche WM-Bilanz

Auch wenn das Endspiel noch nicht stattgefunden hat, will ich doch eine erste Bilanz ziehen.

Sportlich: der große Gewinner der WM war für mich das deutsche Nationalteam. Ich schreibe hier bewußt "Team", denn genau so sind sie aufgetreten. Keiner machte einen auf Einzelstar alla Gerd Müller, alle standen immer füreinander ein. Der dritte Platz war mehr als verdient. Der "Vater" des Teams war unbestreitbar Jürgen Klinsmann, der mich positiv überrascht hat. Er hatte es am Anfang sehr schwer mit seinen Neuerungen, aber im Nachhinein sehe ich sie als notwendig an - zumal der Erfolg offensichtlich ist (ganz nebenher hat er es damit einem gewissen Blatt mit vier Buchstaben gezeigt). Ich hoffe sehr, dass Klinsmann weitermacht; mit ihm könnten wir 2008 Europa- und 2010 Weltmeister werden. Dann klappt es auch gegen Italien.

Ebenfalls überrascht hat mich Oliver Kahn. Er kam mit der für ihn ungewohnten Rolle als Nummer 2 sehr gut zurecht. Mehr noch: vor dem Viertelfinale gegen Argentinien sprach er Jens Lehmann Mut zu - eine Geste, die von wahrer menschlicher Größe zeugt. Gestern hat Jürgen Klinsmann ihn daher eingesetzt. Nach dem Spiel hat Oliver Kahn seinen Rückzug aus der Nationalmannschaft erklärt. Meiner Ansicht nach war das genau der richtige Zeitpunkt. Er hatte ein Superspiel geliefert und einen Erfolg gelandet. Da Kahn derzeit 37 ist, ist es unwahrscheinlich, dass er bei der EM 2008 nochmal zum Zuge kommt; ein weiterer Erfolg als Nationalspieler ist somit praktisch unmöglich.

Gesellschaftlich hat die WM in Deutschland eine Super-Stimmung gebracht, kombiniert mit "Schwarz-Rot-Gold ohne Aggressivität", das habe ich noch nie erlebt. Fans aus allen möglichen Nationen feierten weitestgehend friedlich zusammen. Gewisse rechtsextreme Kreise, die auf der WM ihr eigenes Süppchen kochen wollten, blieben außen vor. Das gibt mir Hoffnung. Ebenfalls neu ist der hohe Prozentsatz an fußballbegeisterten Frauen; das war bei den bisherigen WMs nicht so. Ich vermute, dass dass die Aggressivität massiv reduziert hat bzw. erst gar nicht aufkommen ließ.

A propos innere Sicherheit: ich weiss noch genau, wie vor der WM ein gewisser Herr Schäuble ganz laut nach einer Grundgesetzänderung geschrien hat, weil die WM ja soo ein Risiko sei und er dringend die Bundeswehr im Inneren brauche. Nichts überflüssiger als das! Die Polizei hatte die paar Randalierer, die es gab, gut im Griff. Hoffentlich lernt auch der Herr Schäuble daraus und kommt bei der nächsten Gelegenheit nicht wieder mit diesem dämlichen Vorschlag (Bundeswehr im Inneren) angeschissen.
Cafe Ludwig

Am Mittwoch habe ich in der Arheilger Post vom Café Ludwig, hier in Arheilgen gelegen in der Straße Am Brombeerberg, Daher bin ich heute nach dem Fitness-Studio dort vorbeigefahren. Ich habe zu Testzwecken eine Himbeer-Quarkschnitte, eine Brezel und drei Brötchen gekauft, die ich im Laufe des Tages essen werde. Auf mich hat das Café einen guten Eindruck gemacht. Vor allem begrüße ich es, dass es in Arheilgen eine Möglichkeit gibt, auch sonntagnachmittags Backwaren einzukaufen; die bisherigen Bäckereifilialen machen alle sonntags um 11 Uhr zu.

Ein Nachteil des Cafés besteht darin, dass die Strasse Am Brombeerberg bisher eine Sackgasse ist. Daher ist das Café Ludwig per Auto schlecht zu erreichen. Man sollte die Straße verlängern bis zum S-Bahnhof bzw. bis zur Weiterstädter Straße, dann wäre sie keine Sackgasse mehr, und das Café bekäme vermutlich mehr Laufkundschaft. Gleichzeitig könnte man auch den AH-Bus verlängern bis zum S-Bahnhof, das würde garantiert mehr Fahrgäste zum Umsteigen auf den Bus motivieren.

8.7.06

Fußball-Rechnung

Kleiner Kommentar in der Halbzeitpause: Während des Spiels musste ich immer wieder an diese Gleichung denken, aus der manche herauslesen wollten, dass die deutsche Nationalmannschaft dieses Jahr den Titel holt:
50 * 74 - 1990 = 2006
Nun wurde es leider nichts mit dem Titel 2006. Aber das wundert mich nicht. Denn in Wahrheit muss es 2010 sein. Die zugehörige Gleichung ist ganz einfach:
1990 + 1974 - 1954 = 2010

Logisch, oder? :-)))
Vom Zentral- zum Jugendstilbad

Heute berichtete das Darmstädter Echo in einem großen Artikel über die gestrige Grundsteinlegung für das neue Darmstädter Jugendstilbad. Das Jugendstilbad ist das ehemalige Zentralbad, das 1909 erbaut wurde. Es diente damals als "Badezimmer" für viele Darmstädter, denn 1909 war es nicht üblich, dass jeder Haushalt ein eigenes Bad hatte, von Dusche oder Wanne ganz zu schweigen. Die Neueröffnung soll 2007 stattfinden, allerdings wird das Bad dann von einer privaten Firma betrieben; und es soll zu einem "Tempel der Badelust" werden. Ich bin gespannt, wie das neue Bad aussehen wird.

Eine Ironie der besonderen Art ergab sich am Schluss des Artikels: August Buxbaum, der Erbauer des Zentralbads, war ein erklärter Gegner des Jugendstils. Und genau das von ihm erbaute Bad soll nun zu einem Jugendstilbad werden.

6.7.06

Eselei

Nette Geschichte, gefunden beim Shopblogger:
Es war einmal ein Ehepaar, das einen 12jährigen Sohn und einen Esel hatte. Sie beschlossen zu verreisen, zu arbeiten und die Welt kennenzulernen. Zusammen mit ihrem Esel zogen sie los.

Im ersten Dorf hörten sie, wie die Leute redeten: "Seht Euch den Bengel an, wie schlecht er erzogen ist... er sitzt auf dem Esel und seine armen Eltern müssen laufen." Also sagte die Frau zu ihrem Mann: "Wir werden nicht zulassen, daß die Leute schlecht über unseren Sohn reden." Der Mann holte den Jungen vom Esel und setzte sich selbst darauf.

Im zweiten Dorf hörten sie die Leute folgendes sagen: "Seht Euch diesen unverschämten Mann an... er läßt Frau und Kind laufen, während er sich vom Esel tragen läßt." Also ließen sie die Mutter auf das Lastentier steigen und Vater und Sohn führten den Esel.

Im dritten Dorf hörten sie die Leute sagen: "Armer Mann! Obwohl er den ganzen Tag hart gearbeitet hat, läßt er seine Frau auf dem Esel reiten. Und das arme Kind hat mit so einer Rabenmutter sicher auch nichts zu lachen!" Also setzten sie ihre Reise zu dritt auf dem Lastentier fort.

Im nächsten Dorf hörten sie die Leute sagen: "das sind ja Bestien im Vergleich zu dem Tier, auf dem sie reiten. Sie werden dem armen Esel den Rücken brechen!" Also beschlossen sie, alle drei neben dem Esel herzugehen.

Im nächsten Dorf trauten sie ihren Ohren nicht, als sie die Leute sagen hörten: "Schaut euch die drei Idioten mal an. Sie laufen, obwohl sie einen Esel haben, der sie tragen könnte!"

Fazit: die anderen werden dich immer kritisieren und über dich lästern und es ist nicht einfach, jemanden zu treffen, der dich so akzeptiert wie du bist. Deshalb: leb so, wie du es für richtig hältst und geh, wohin dein Herz dich führt...
Mir fallen dazu spontan zwei Dinge ein: Richard P. Feynmans Lebensmotto:
What do you care what other people think?
und natürlich ein altes deutsches Sprichwort:
Allen Leuten recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann

Mit Kritik gehe ich wie folgt um: sachliche Kritik prüfe ich auf ihren Sinngehalt, und wenn ich sie sachlich richtig finde, dann ändere ich mein Verhalten, wenn nicht, dann ändere ich es nicht. Unsachliche Kritik beantworte ich meistens gar nicht, oder höchstens mit dem Hinweis, dass das jetzt unsachlich war.

Eins ist mir noch wichtig: viele Leute, die ihrer Zeit voraus waren, wurden von ihren Zeitgenossen als Spinner und Phantasten abgetan; erst später wurde ihre Leistung gewürdigt. In den Geschichtsbüchern finden sich viele Beispiele, ich möchte nur eins erwähnen: Leonardo da Vinci wurde von vielen Zeitgenossen als verschroben abgetan, weil er u.a. Hubschrauber entwarf.

5.7.06

Musikindustrie möchte Verlängerung

SpOn schreibt über ein interessantes Phänomen:
Das Jahr 2013 könnte für die Musikindustrie ein schweres werden. Denn dann läuft unter anderem das Copyright für "Please Please Me" aus - das erste Album einer britischen Combo namens "The Beatles". Auch Aufnahmen anderer Künstler, etwa Elvis Presley oder Cliff Richard, verlieren 50 Jahre nach ihrer Veröffentlichung ihr Copyright. Eine beängstigende Vision für die Musikindustrie, die bereits mächtig bei Politikern lobbyiert, um eine Verlängerung der 50-Jahres-Frist zu erreichen, bevor bekannte Oldies ihren Schutz verlieren.

Zuerst einmal kann ich mich Marc nur anschließen, wenn er schreibt:
Pruuuust, gerade bei den Beatles ist die Nummer mit den armen Künstlern ja wohl kein Argument. Und um damals unbekannte und heute zurecht vergessene Künster wird es denen wohl nicht gehen.

Um die Künstler geht es ohnehin nicht. Das Urheberrecht der Künstler erlischt nämlich erst 70 Jahre nach dem Tod. Da die meisten Beatles-Songs von John Lennon und Paul McCartney stammen, erlöschen diese Rechte noch lange nicht, Paul McCartney lebt schließlich noch. Die von George Harrison komponierten Songs - etwa "While My Guitar Gently Weeps" - werden 2071 urheberrechtsfrei.

Es geht hier nur um die Rechte der Plattenfirmen an der exklusiven Veröffentlichung bestimmter Aufnahmen. Und da bin ich der Ansicht, dass 50 Jahre Zeit genug sind, um die Kosten, die eine Firma in die Aufnahme eines Songs gesteckt hat, wieder einzuspielen. Wenn eine Aufnahme nach 50 Jahren sich immer noch nicht amortisiert hat, dann wird sie es niemals. Insofern bin ich gegen eine Änderung der Gesetze in diesem Punkt, zumal die Urheberrechte (siehe oben) von der Sache ohnehin nicht berührt werden.
Schlechte Zeiten für Dinosauriernachfahren?

Laut Telepolis sind ein Viertel aller heute lebenden Vogelarten bedroht. Selbst der Spatz, der in meiner Jugend noch superhäufig war, ist seit einigen Jahren rückläufig. Traurig, traurig...

4.7.06

Drei Jubiläen

Heute gibt es drei Jubiläen zu feiern. Gehen wir chronologisch vor, vom jüngsten zum ältesten.


  • Die in Darmstadt beheimatete zwischenstaatliche Organisation Eumetsat, Betreiberin mehrerer Satelliten, wird heute 20 Jahre alt (Quelle: Printausgabe des Darmstädter Echos von heute)


  • Das Wunder von Bern ereignete sich heute vor 52 Jahren. Hoffen wir heute abend auf eine entsprechende Leistung der Nationalmannschaft gegen Italien.


  • Ein weiterer Geburtstag kam heute in den hiesigen Zeitungen nur am Rande vor: Die Vereinigten Staaten von Amerika werden 230 Jahre alt. Leider hat sich die derzeitige US-Regierung sehr weit von den Werten der Unabhängigkeitserklärung entfernt (Stichwort: PATRIOT Act). Wenn Benjamin Franklin, Thomas Jefferson und George Washington von den Machenschaften der lieben Neocons in der US-Regierung wüßten, sie würden sich im Grabe umdrehen!

2.7.06

Die Himmelsscheibe von Nebra



Heute war ich zusammen mit meiner Mutter in der Ausstellung "Die Himmelsscheibe von Nebra" im Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim. Die Ausstellung ist super! Es wird als erstes der historische Kontext erläutert, in dem die Himmelsscheibe entstanden ist - die frühe Bronzezeit in Mitteleuropa. Ich kannte diese Epoche vorher so gut wie gar nicht, und ich habe einiges gelernt. Vor der Kunstfertigkeit und dem Wissen - vor allem dem astronomischen - unserer Vorfahren habe ich noch mehr Respekt als vorher. Alleine der Sonnenwagen von Tronje/Dänemark (oder wie der Ort hieß), die vielen Goldschiffchen, die Felszeichnungen mit Akrobaten (!) über den Schiffen. Und als Krönung des Ganzen in einem eigenen Raum die Scheibe selbst, hervorragend präsentiert. Danach noch eine Aufklärung, wie die Scheibe früher ausgesehen hat - es gab mehrere Bearbeitungsphasen! - und eine Information, warum sie keine Fälschung sein kann. Auch die Fundgeschichte ist dokumentiert; ich war regelrecht erschüttert, dass die Räuber, die sie ausgegraben haben, sie zuerst für den Deckel eines Blecheimers (!!!) hielten. Wie dumm muss man sein, um das nicht zu erkennen?

Ich kann diese Ausstellung jedem nur empfehlen! Man muss sich aber beeilen: die Scheibe ist nur noch bis zum 16. Juli in Mannheim, danach wandert sie nach Basel.
Der Heiligenberg bei Heidelberg

Gestern war ich von 18 Uhr bis zum Sonnenuntergang auf dem Heiligenberg bei Heidelberg. Es war ein Super-Erlebnis, und ich kann den Heiligenberg nur empfehlen. Dort gibt es mehrere interessante Orte zu entdecken. Das wären:

  • Das Heidenloch, ein Brunnenschacht, der vermutlich im 5.-3. Jh. v.u.Z. in den Fels geschlagen wurde - also von den Kelten (!). Dieser Schacht wurde u.a. 1840 von Victor Hugo besucht, der sein unheimliches Erlebnis in einer Schrift festhielt. Das Heidenloch ist beleuchtet, es geht 56 m (!) nach unten. Ganz schön tief..


  • Das Stephanskloster, in dessen Ruinen heute ein Aussichtsturm steht, der Heiligenbergturm. Von diesem Turm aus hat man eine fantastische Sicht auf das Heidelberger Schloss


  • Ein zweites Kloster auf dem Hauptgipfel: das Michaelskloster. Hier ist viel erhalten. Inmitten des Klosters gibt es sogar die Überreste eines römischen Tempels


  • Als letztes besuchten wir noch die "Thingstätte" Ich schreibe den Begriff in Anführungszeichen, weil es sich nicht um einen historischen Thingort handelt, sondern ein Bauwerk der Nazis, ähnlich wie der Konzertort auf der Loreley. 1935 wurde es zu Propagandazwecken errichtet und von Herrn Goebbels (würg!) eingeweiht. Ich habe mir die Frage gestellt, wie man mit solchen Stätten umgehen soll. Ich finde, in Heidelberg ist es gut gelöst: an der Thingstätte sind mindestens drei Hinweistafeln angebracht, die von ihrer Errichtung erzählen. Heute wird sie für kulturelle Veranstaltungen genutzt. Das finde ich gut so. Die Thingstätte wurde errichtet an einem Platz, der schon vorher genutzt wurde. Daher finde ich es wichtig, diesen Platz den Nazis wieder zu entreißen - ohne jedoch die Vergangenheit je zu vergessen (das ist durch die Infotafeln gewährleistet). Das geht am besten mit der pragmatischen Nutzung für kulturelle Veranstaltungen



Gut ist auch, dass es dort oben eine Waldschenke gibt, in der man einkehren kann. Das Eis dort ist sehr gut, der Salat auch.

Abends dachten wir, es gebe noch ein Feuerwerk. Leider war nichts, aber wir konnten bis auf den Heiligenbergturm hinauf das Jubeln der Fußballfans hören.