30.5.06

Wird der Abmahnsumpf trockengelegt?

Immer wieder waren Abmahnungen ein Thema in diesem Weblog. Ich habe dazu wiederholt gesagt, dass ich die derzeitige gesetzliche Regelung für problematisch halte. Nun scheint die Problematik auch bei meiner Bundestagsabgeordneten, der Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, angekommen zu sein. Kürzlich äußerte sie sich auf dem Anwaltstag wie folgt:
In letzter Zeit wenden sich immer mehr Privatleute an mich, die für die einmalige Verletzung eines Urheberrechts eine Abmahnung mit einer zuweilen sogar vierstelligen Anwaltsrechnung ins Haus geschickt bekommen. Zum Beispiel ein 15jähriges Mädchen, das ein Foto ihrer Lieblings-Popgruppe auf ihrer Homepage eingestellt hat – oder der Vorsitzende eines Sportvereins, der einen kleinen Stadtplan-Ausschnitt für den Weg zum Sportplatz ins Internet stellt. Und wenn ich dann noch höre, dass eine Anwaltskanzlei täglich bei den Betroffenen anruft, um die Geldforderung einzutreiben, dann muss ich Ihnen ganz klar sagen: Ein solches Verhalten kann nicht akzeptiert werden!

Wir werden deshalb bei Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen den Gegenstandswert präziser regeln und auch deckeln: Einfach gelagerte Fälle mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung dürfen nicht mehr als 50 bis 100 Euro für Abmahnung und Anwalt nach sich ziehen.
Das ist ein erster Schritt zur Behebung des derzeitigen Zustands. Erst einmal schließe ich mich dem Lawblog an: auch im Markemrecht gibt es problematische Regelungen, die missbraucht werden von Abmahnern, nicht nur im Urheberrecht. Ein Beleg dafür ist diese Geschichte über einen Freizeitkicker und die FIFA (gefunden via Curious Creatures). Hierzu schriebt Sven sehr treffend:
[...]die FIFA zeigt, wie man auch noch den letzten Fan, das sind die, von denen die FIFA lebt und die letztlich ihre Gehälter zahlen, dazu bringt, sich ein anderes Hobby wie Töpfern oder Häkeln zu suchen [...]


Nach diesem Beispiel (das kam wie bestellt) zurück zum Thema Abmahnsumpf: Ich bin sehr gespannt, ob den Worten von Brigitte Zypries nun Taten folgen. Dabei wäre eine andere Regelung sinnvoller: eine Abmahnung kostet den Abgemahnten nur noch maximal 100 €. Den Rest zahlt der, der die Abmahnung veranlaßt hat. Ich denke da insbesondere an den Fall eines Musikverlages, der diverse Songtextseiten abgemahnt hat - mit 1600 € (!) Abmahnkosten - pro veröffentlichtem Songtext! Hätte der Verlag das gemacht, wenn er 1500 der 1600 Euro hätte selbst zahlen müssen? Ich vermute, eher nicht - oder der Schaden wäre anders angesetzt worden.

Folgendem Statement von Udo Vetter kann ich mich nur anschließen:
Sogar aus Anwaltssicht ist der Abmahnsumpf ein unappetitliches Terrain. Er gehört trockengelegt.