20.2.06

Evolution: Warnung vor Denkfehlern

Nachdem Evolution das Hauptthema dieses Blogs ist, muss ich diesen Telepolis-Beitrag einfach verlinken. Er listet die häufigsten Irrtümer über das Wesen der Evolution auf. Erst einmal zählt er auf, was die Evolutionstheorie alles beinhaltet:
Darwins Evolutionstheorie
1 Die Wandelbarkeit der Arten (Mayr: "Die fundamentale Evolutionstheorie.")
2 Die Abstammung aller Organismen von gemeinsamen Vorfahren
3 Die Stetigkeit der Evolution (keine diskontinuierlichen Entwicklungssprünge)
4 Die Vervielfältigung der Arten (Entstehung des Artenreichtums)
5 Natürliche Selektion

Dann geht es gleich zum ersten populären Denkfehler:
Man beachte, dass keinerlei Bezüge auf "Fortschritt" oder "Höherentwicklung von Lebensformen" auftauchen. Evolution bedeutet Anpassung, nicht Fortschritt. Heute lauern vor allem bei der Stetigkeit der Evolution und der natürliche Selektion argumentative Fallstricke.


Ein weiterer Denkfehler betrifft die "Stetigkeit der Evolution". Viele setzen "Stetigkeit" mit "konstanter Geschwindigkeit" gleich, was falsch ist. Bei schnellen Umweltveränderungen z.B. wird die Evolution beschleunigt, bei konstantem Klima eher verlangsamt, aber sie steht niemals still.

Noch hahnebüchener sind aber die Versuche, aus der Evolutionstheorie Aussagen über die Gesellschaftsformen der "Steinzeit" ableiten zu wollen. Die einen glauben an "Männer waren im Prinzip Jäger, Frauen Sammlerinnen", die anderen - oftmals feministisch angehaucht - konstruieren eine matriarchale Urgesellschaft. Beides ist zu kurz gedacht:
Die Vorstellung, dass es schon seit Jahrzehntausenden völlig unterschiedliche menschliche Überlebensstrategien gegeben haben könnte, liegt uns intuitiv offensichtlich fern. Aber genau dies entspricht dem Bild, das sich den Paläontologen und Archäologen zunehmend bietet... Je nach den Gegebenheiten konnten Frauen und Männer alle möglichen Aufgaben erledigen, Frauen waren auch Jägerinnen, Männer auch Sammler. Die Gemeinschaften, die sich so formten, entwickelten völlig unterschiedliche und teilweise konträre Strategien des Zusammenlebens, je nachdem, wie der Selektionsdruck beschaffen war. Nur so konnte sich die menschliche Kommunikation entwickeln, mit den typisch menschlichen Elmenten wie dem Humor, der Musik und der Schrift. Männer und Frauen haben nicht grundsätzlich gegeneinander konkurriert, sondern sie haben sich gegenseitig ergänzt, auch wenn es sicherlich gewisse Präferenzen gab, die sich etwa auf Körperbau und die unveränderbaren Einschränkungen durch Schwangerschaften zurückführen lassen.


3 Kommentare:

Anonymous MartinM meinte...

Ich finde den Telepolis-Artikel in seinem selbstkritischen (bzw. die "eigene" Seite kritisch unter die Lupe nehmenden) Ansatz auch richtig gut. Meines Erachtens hätte er ein wenig mehr auf den "Projektionscharakter" einiger erst gemeinter Hypothesen z. B. zur menschlichen Frühgeschichte eingehen können, oder darauf, dass radikale "Darwinisten" in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht selten erbitterte Gegner der Genetik waren. Erst mit der Entwicklung der Molekulargenetik verstummten jene "materialistischen" Biologen, die die Gene für ein "metaphysisches Konstrukt" hielten. Aber vielleicht kommt das noch, die Serie hat ja noch einige Folgen.
Nebenbei es gibt auch Leute, die ganz anderer Ansicht sind z. B. er hier: http://axonas.twoday.net/
(Man beachte vor allem die Artikel vom 15. und 11. Februar und vom 31. Januar.) Sehr aufschlußreich!

8:30 PM  
Blogger *V.K.* meinte...

Das mit den radikalen Darwinisten ist interessant, das war mir bisher auch neu. Ich merke gerade, ich wurde u.a. von Hoimar von Ditfurths "Querschnitt" geprägt, für den Molekulargenetik schon etwas normales war. Ich muss mich mehr mit Wissenschaftsgeschichte beschäftigen.

Die Artikel bei Axonas habe ich ebenfalls gelesen, und fand sie ebenfalls aufschlußreich, auch die Kommentare.

11:09 PM  
Anonymous MMarheinecke meinte...

Interessant ist auch das:
US-Forscher kritisieren Anti-Evolutionsgesetze (Bisschen komischen Titelzeile der Netzeitung, aber der Artikel ist schon aufschlußreich.

Zu den "anti-genetischen" "Darwinisten" - ich sollte vielleicht mal einen populärwissenschaftlichen Artikel über dieses Thema schreiben.
Von Ditfurth hatte, abgesehen davon, dass seit ca. 1960 die Molekulargenetik fest in die "neodarwinistische" Evolutionstheorie eingebaut war, den Vorteil, eben kein Materialist zu sein.

11:24 PM  

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