14.6.04

Political Correctness

Ein Text nach Dietmar Wischmeyer

Political Correctness, dafür gibt es kein Wort im Deutschen, was ausnahmsweise mal FÜR dieses Land spricht. Dennoch ist das angeschwult begriffliche Herumlavieren um harte Worte auch hier zu einem gesellschaftlichen Muss geworden. Der Neger und der Krüppel schieden zuerst dahin, aus Lehrling und Student wurden alsbald Azubi und Studierender.
Der Idiot mauserte sich schließlich zum "geistig Andersbefähigten". Gastarbeiter heißen ausländische Arbeitnehmer und Asylanten Asylbewerber. Als ob sprachliche Tünche auch nur ein Deut die Realität verbessern würde. In Lübeck brannte das Asylantenheim genau so gut, wie es das Asylbewerberheim getan hätte. Wenn die Menschen sich in die political Correctness fliehen, dann um in der Sprache eine heile Zuckerbäckerwelt zu erschaffen. Dieses heuchlerische Umrubeln der alten Wörter leugnet die Identität der Bezeichneten. Was soll man von einem Farbigen halten, der gestern noch Neger hieß, heute Afrikaner und morgen womöglich "pigmentmäßig Andersgeformter"? Immer war es ein Zeichen der totalitären Staatsgewalten, die Sprache nach ihrem Gusto zu formen: Aus dem fettwanstigen Deutschen wurde der Arier, aus dem Todesstreifen der antifaschistische Schutzwall. Heutiger Träger der totalitären Gewalt ist nicht mehr eine Partei oder eine Klasse, sondern der gesellschaftliche Konsens, dieses breiige Gefühl des irgendwie Zufriedenseins. Es ist das Gefühl nach einer McDonalds-Mahlzeit, das Gefühl nach dem RTL-TV-Roman oder dem Besuch eines Freizeitparks. Irgendwie nicht wirklich toll, aber auch nicht total Scheiße, es war halt ok, wie man heute so sagt, wenn man sich gelangweilt fühlt und man nicht weiß warum. Auf diesem Nährboden des schwiemeligen Gefühlsmorastes muss ein Neusprech für die fadenscheinige Oberfläche entstehen, die political correctness eben. Gebt dem irgendwie Gebeutelten die Illusion der Anerkennung, gebt ihm neue Wörter und er wird eine Zeitlang seine Schnauze halten. Noch gar nicht lange ist es her, da wurde aus den Eskimo die Inuit. Was war schlecht am Eskimo und wer weiß, ob Inuit in der Sprache der Eskimo nicht doch heimlich "Herrenrasse" heißt? Gerade beim kulturell gemordeten Arktisbewohner jedoch wird deutlich, wie die neuen Wörter der finalen Entmündigung nur um den Wimpernschlag der Geschichte vorausgehen. Drum seid lustig und seid froh, ihr Hottentotten, Kaffern und Kanaken und gebt Obacht, wenn sie Euch die neuen schönen Namen geben, denn dann geht es Euch gewiss recht bald an den Kragen!

Wo der Mann recht hat, hat er recht. Paßt perfekt zu diesem älteren Eintrag über "political overcorrectness". Wobei ich eine Ausnahme mache: bei Ausdrücken, die der Nazizeit entstammen bzw. die ihre heutige Bedeutung im Dritten Reich erhalten haben, wie etwa "Endlösung". Solche Worte benutze ich grundsätzlich nicht.

(gefunden im Perry-Rhodan-Forum)